Er stammte aus der allertiefsten Gosse
Und das erklärt am besten sein Niveau
Er blieb auch stets ein mieser Zeitgenosse
Und wusste selber nie genau, wieso
Am liebsten fand er irgendwen mit Krücken
Dem stellte er dann hinterrücks ein Bein
Dann fiel der arme Mann auf seinen Rücken
Und er brauchte sich höchstens noch zu bücken
Und was er in den Taschen fand, war sein
Er brach von Zeit zu Zeit in eine Wohnung
Und stahl dort einen Ring für seine Braut
Er fand verlor'ne Hunde für Belohnung –
Die hatte er natürlich selbst geklaut
Er fälschte sogar einmal die Papiere
Für einen blinden Bettler aus Madrid
Bei kleinen Sachen stand er manchmal Schmiere
Bei großen Sachen nahm man ihn nicht mit
Es wäre auch sein Leben immer weiter so verronnen
Denn das Leben ist eine Sache des Geschmacks
Doch eines Tages war er plötzlich schrecklich unbesonnen
Und da sagte er was Schlechtes über Max
Und raschen Schritts
Kam die Justiz
Denn du darfst rauben oder stehlen
Blindenhunde quälen
Du wirst seh'n, die Polizei bleibt ziemlich lax
Auch beim Erpressen und beim Plündern
Wird sie dich nicht hindern –
Aber sag nie etwas schlechtes über Max!
Wenn die Kassierer unteschlagen
Wird kein Mensch etwas sagen
Und so mancher Richter schweigt bei einem Mord
Es werden ehrsame Bürger
Oft Messerstecher und Würger –
Aber über unsern Max sagt man kein Wort
Denn unser Max bleibt unser Max!
Er hat zwar öfter einen Knacks
Doch unser Max bleibt unser Max, und er ist gut
Und die Parole jedes Tags
Heißt: „Unser Max bleibt unser Max"
Was immer er tat und was immer er tut
'S ist wahr, in letzter Zeit, da wachsen
Die Stimmen gegen Maxen
Und so mancher fragt sich heimlich: „Was ist los?“
Jedoch das finden wir nicht geziemend
Denn das Gentlemens' Agreement
Heißt immer noch: „Max ist Max, und Max ist groß!“
Nach dieser Pfeife muss ein Jeder tanzen
Und wer es weiß, der findet nichts dabei
Sonst sitzt er im Verließ und tötet Wanzen
Auch unser Freund kam jahrelang nicht frei
Als er dann rauskam, war ihm mies zumute
Zum alten Leben wollt' er nicht zurück
Doch Gaunereien lagen ihm im Blute –
Ein Schlechter hält das Schlechte für das Gute –
Drum sattelte er um auf Politik
Er war ja schon ein Fachmann im Bestechen
Und auch die Regel Eins war ihm vertraut:
Die Lüge ist zuvorderst ein Versprechen
Auf das man nach den Wahlen nicht mehr schaut
So stieg er im politischen Register
Nach einem Jahr saß er im Parlament
Dann wurde er noch Unterrichtsminister
Und schließlich unser Vizepräsident
Er wäre ja auch sicher Präsident sogar geworden
Und Besitzer eines gutsitzenden Fracks –
Doch eines Tages erhielt er den Sankt-Moritz-Ritter-Orden
Und da sagte er was schlechtes über Max –
Drauf war sein Sturz
Brutal und kurz
Denn du darfst schalten sowie walten
Die dümmsten Ansprachen halten
Und das Volk verbleibt in deiner Hand wie Wachs
Du darfst auch Weltkriege riskieren
Darfst sie sogar verlieren –
Aber sag nie etwas schlechtes über Max!
Du darfst die Frauenvereine verbieten
Das Rathaus ans Ausland vermieten
Und chauffier'n mit der Geschwindigkeit des Lichts
Du darfst die Steuern erhöh'n und dann stehlen
Darfst die Polygamie hoch empfehlen –
Den Max darfst du nur loben, weiter nichts!
Denn unser Max bleibt unser Max!
Zwar, wer was sagen will, na der sag's
Jedoch nur Gutes, denn ansonsten sieh dich vor!
Auch wenn Max dumm ist oder schlecht
Der Max bleibt Max, drum hat er recht
Und wer einen Witz macht, der hat keinen Humor!
Und darum Wanderer, kommst du nach Sparta
Und unterbrichst deine Fahrt da
Dann sag lieber was gegen Goethe und Hans Sachs
Sprich schlecht von Heine, Klopstock und Schiller
Tennessee Williams und Miller
Erkläre den Hamlet zum Schundroman
Und Romeo und Julia zum Thriller
Doch lüge, lüge, lüge lüge
Das blaue vom Himmel
Über Maaaax!
Writer(s): Georg Kreisler
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