1. Kapitel
Im deutschen Dezember floss die Spree
Von Ost- nach Westberlin
Da schwamm ich mit der Eisenbahn
Hoch über die Mauer hin
Da schwebte ich leicht übern Drahtverhau
Und über die Bluthunde hin
Das ging mir so seltsam ins Gemüt
Und bitter auch durch den Sinn
Das ging mir so bitter in das Herz
- da unten, die treuen Genossen -
So mancher, der diesen gleichen Weg
Zu Fuß ging, wurde erschossen
Manch einer warf sein junges Fleisch
In Drahtverhau und Minenfeld
Durchlöchert läuft der Eimer aus
Wenn die MP von hinten bellt
Nicht jeder ist so gut gebaut
Wie der Franzose Franz Villon
Der kam in dem bekannten Lied
Mit Rotweinflecken davon
Ich dachte auch kurz an meinen Cousin
Den frechen Heinrich Heine
Der kam von Frankreich über die Grenz
Beim alten Vater Rheine
Ich musste auch denken, was allerhand
In gut hundert Jahren passiert ist
Dass Deutschland inzwischen glorreich geeint
Und nun schon wieder halbiert ist
Na und? Die ganze Welt hat sich
In Ost und West gespalten
Doch Deutschland hat - wie immer auch -
Die Position gehalten
Die Position als Arsch der Welt
Sehr fett und sehr gewichtig
Die Haare in der Kerbe sind
Aus Stacheldraht, versteht sich
Dass selbst das Loch - ich mein' Berlin -
In sich gespalten ist
Da haben wir die Biologie
Beschämt durch Menschenwitz
Und wenn den großen Herrn der Welt
Der Magen drückt und kneift
Dann knallt und stinkt es ekelhaft
In Deutschland. Ihr begreift:
Ein jeder Teil der Welt hat so
Sein Teil vom deutschen Steiß
Der größre Teil ist Westdeutschland
Mit gutem Grund, ich weiß.
Die deutschen Exkremente sind
Dass es uns nicht geniert
In Westdeutschland mit deutschem Fleiß
Poliert und parfümiert
Was nie ein Alchemist erreicht
- sie haben es geschafft
Aus deutscher Scheiße haben sie
Sich hartes Gold gemacht
Die DDR, mein Vaterland
Ist sauber immerhin
Die Wiederkehr der Nazizeit
Ist absolut nicht drin
So gründlich haben wir geschrubbt
Mit Stalins hartem Besen
Dass rot verschrammt der Hintern ist
Der vorher braun gewesen
Writer(s): Wolf Biermann
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