Wenn der Sommer kommt, hilft nur die Flucht ins Zimmer.
Irgendein Depp mäht irgendwo immer.
Ein Rasenmäher-Rambo mäht wie von Sinnen
Direkt durch die Wand, den hörst du auch noch drinnen.
Der Ausstoß dicker Wolken blauer Auspuffgase
Bringt ihn in Verzückung, treibt ihn zur Extase.
Er metzelt alles nieder und macht alles platt,
Was Ähnlichkeit mit einem Grashalm hat.
Ob Rasentraktor oder Kantentrimmer,
Irgendein Depp mäht irgendwo immer.
Von Oberpfaffenhofen bis nach Gütersloh,
Irgendein Depp mäht immer irgendwo.
Ich hab nen Nachbarn mit vier fiesen scharfen Kampfhunden,
Die kacken mir vor meine Tür und kläffen 24 Stunden.
Ich hab nen Nachbarn, der übt Schlagzeug wie besessen,
Und einer wäscht sein Auto bei wummernden Technobässen.
Ich hab ne Nachbarin, die ihren Mann beim Sex verhaut.
All das ist nicht wirklich störend, nicht wirklich laut.
Auf dem Grundstück gegenüber tobt ein Halmvernichter,
Ein Gänseblümchenkiller, so ein Heckenscharfrichter!
Ein Motormäherwüterich, ein Zweitaktstinker,
Ein Gräserausrotter, ein Pflanzenhenker!
Er wirft den Rasenmäher und dann mäht er ratzfatz
Alles ratzekahl mit seinem Phallusersatz.
Wenn der Sommer kommt, hilft nur die Flucht ins Zimmer.
Irgendein Depp mäht irgendwo immer.
Ein Rasenfetischist muß weder trinken noch essen,
Hält nur kurz mal an, um die korrekte Grashöhe zu messen.
Wird es endlich Nacht, und es ist zappenduster,
Pustet er das Gras weg mit dem Graswegpuster,
Geht mit einer Lötlampe bewaffnet ums Haus,
Löscht jeder Pusteblume das Lebenslicht aus.
Beim ersten zarten Keim, beim ersten grünen Schimmer,
Irgendein Depp mäht irgendwo immer.
Wenn Feierabend ist, das ist nun mal so,
Mäht irgendein Depp auch immer irgendwo.
Ich sitz im Liegestuhl im Garten der Pension Inselfrieden,
Welch lieblich netter Ferientag ist mir doch heute beschieden.
Der Zeisig tiriliert vergnügt, die Buchfinken schlagen,
Die Schnepfe piept, der Kuckuck ist am Kuckucksagen.
Die Hummel hummelt emsig und die Biene summt ganz leis...
Nur ein Elektromäher in der Ferne brummt.
Ein stiller frommer Zauber ruht auf Wiesen und auf Auen.
Ich trau mich nicht, der trügerischen Ruhe zu trauen.
Die Lärmattacke kommt, in Form der Herbergsmutter naht sie
Mit ihrem Rasenmäher, ein schlimmer Gartenbazi!
Wenn in der Hölle Teufels Großmutter Rasen mäht,
Dann tut sie das mit haargenau demselben Gerät!
Wenn der Sommer kommt, hilft nur die Flucht ins Zimmer.
Irgendein Depp mäht irgendwo immer.
Ohrenschützer, Schutzbrille, Stahlkappenschuhe,
Unermüdlich steht er im Kampf gegen die Ruhe.
Kippt aus der Motorsense ne Maschine in der Garbe
Und liquidiert die Wurzel unter der Grasnarbe,
Zermalmt den Wurm mit einem grimmigen Racheschwur,
Bringt erst mal Zucht und Disziplin in die Natur.
Da hilft kein Flehn, da hilft auch kein Gewimmer.
Irgendein Depp mäht irgendwo immer.
Erst links von mir, dann rechts von mir und vorn sowieso.
Irgendein Depp mäht immer irgendwo.
Ich locke Fräulein Ingeborg in meine Gartenliebeslaube,
Hier das Rotkehlchen und da die Turteltaube.
Zuerst reich ich Prosecco und danach ein Likörchen.
Sie knabbert am Konfekt, ich knabber an ihr Öhrchen.
Wir sinken engumschlungen auf das weiche Moos,
Doch da bricht hinter unsrer Laube das Inferno los!
Zuerst klingt ein Vertikutierer, dann abwechselnd
Laubsauger, Heckenschere, Häcksler, Äste häckselnd!
Dann wühlt sich eine Motorfräse durch den Acker!
Und dann kommt das Kettensägenmasaker!
Es tut mir leid, Fräulein Ingeborg, ich zieh ich wieder an,
Weil ich bei diesem Mörderpegel einfach nicht kann.
Wenn der Sommer kommt dann geht das nur im Zimmer.
Irgendein Depp mäht irgendwo immer.
Doch die allerschlimmste Folter, das ist die jähe,
Unheimliche Stille plötzlich nach dem Gemähe.
Du weißt es wird gleich wieder woanders einsetzen
Du weißt nur noch nicht wo, es ist zum Nervenzerfetzen.
Du weißt nur, kaum hat einer seine Arbeit getan,
Fängt irgendwo der Nächste irgendwo zu mähen an.
Das ist nicht mal mit einem Lied
„der Mörder ist immer der Gärtner“
Ach, die Wirklichkeit ist viel, viel schlimmer
Übelriechend, garstig, brutal und roh.
Irgendein Depp mäht immer irgendwo.
Irgendein Depp mäht immer irgendwo.
Writer(s): Mey Reinhard
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