Hinterhoflied
Gerhard Schöne
Der H interhof ist scheuslich, der Hinterhof ist schön
Da hörst du jeden Ehekrach und jedes Lustgestöhn
Da kannst du andern Leuten grad auf den Teller sehn
Und Sonne gibt's im Sommer bis zehn
Hier rückt dir das Leben hautnah auf den L eib.
Da prügeln sich Kinder, dort wäscht sich ein Weib,
Hörst Müllkübel klappern, ein Kind übt Klavier,
Ein Mann putzt den Wagen, ein andrer holt Bier.
Der Kerl im Parterre ist ab und zu blau,
Und wenn er nachts heimkommt, schlägt er seine Frau.
Fängt sie an zu heulen, dann tut es ihm leid,
Und er bittet wimmernd, daß sie ihm verzeiht.
Der Hinterhof . . .
Wie habn 'ne Kastanie im Hinterhof stehn,
Um die gern die Kinder 'ne Rollschuhkür drehn,
Sind die Knie zerschunden, dann setzen sie aus
Und holn ans dem Container paar Zeitschriften raus.
Die Mauern sind mit bunter Kreide verziert.
Herr Stunke, der meckert: "Ham Kinder beschmiert!"
Die schmückten mit Palmen und Blumen den Hof.
Unter "Anne ist lieb" steht jetzt "Stunke ist doof".
Der Hinterhof . . .
Von Zeit zu Zeit gibt es im Hof ein Gezänk,
Für zwei Kinderwagen sei der Hausflur zu eng.
Und jemand war wieder am Briefkasten heut,
Und wer hat die Asche daneben gestreut?
Ein Fenster im Hof ist von Kresse umrankt.
Da wohnt eine Frau, mit der keiner sich zankt.
Die gießt die Kastanie, wenn Trockenheit droht,
Und füttert die Tauben mit Wasser und Brot.
Der Hinterhof . . .
Writer(s): gerhard schöne
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