Aus Anatolien kommt er,
Aus Kozan, vor circa fünfzehn Jahren,
An einem nasskalten Februarabend an.
Er war vorher nie weiter
Als bis Adana gekommen - außer damals beim Militär,
Als er nach Trabzon musste, ansSchwarze Meer.
"Almanya" hieß auch dort das Zauberwort,
Doch erst drei Kinder später kam er her.
Almanya ? Traumziel, Märchenland.
Almanya ? damals warst du noch unbekannt.
Ein feuchte Bruchbude und ein Tiefbaujob,
Und immer am Ende vom Monat
Die Überweisung heim und eine Viertelstunde
Beim blonde Fräulein, das er dafür belohnt hatte.
Tausendundeine Nacht bis er sie nachholt,
Seine Frau und seine Kinder,
Die ihn nicht mehr erkannt haben.
Jet später dann die Frage vom ältesten Sohn,
Wieso sie ihn in der Schule "Kanake" genannt haben.
Almanya ? Traumziel, Märchenland.
Almanya ? damals warst du noch unbekannt.
Es ging lang gut, trotz Sprüchen un Hakenkreuzen,
Die er zu spät für voll nahm.
Die er erst als Eisbergspitze erkannt hat,
Als in der Nacht die Polizei kam
Und Ahmed brachte, der stolzer als Papa.
Blutüberströmt ? es hieß, er hätte
Sechs junge Deutsche in der Bahn bedroht ?
"grundlos" ? mit einem Stilett.
Almanya ? Traumziel, Märchenland.
Almanya ? damals warst du noch unbekannt.
In Anatolien, in Kozan, haben fünf entlassene Sklaven
Herumgeschubste weiße Neger- den Traum vom Märchenland begraben.
Nein, das kann wirklich keine Zufall sinn, das sich
"Dichter und Denker"
So erschreckend gut reimt ? immer noch ? auf
"Richter und Henker".
Writer(s): Wolfgang Niedecken, Alexander Buechel, Klaus Heuser
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