Du hast deine Frau und du hast deinen Sohn
Und du hast deinen Posten bei Levi und Kohn –
Na, was willst du noch mehr?
Du hast deine Wohnung und fühlst dich gesund
Und das Essen schmeckt gut und das Konto ist rund –
Na, was willst du noch mehr?
Doch eines Tag's hörst du das Lied einer Schnepfe
Vielleicht einer Lerche, wer kennt schon die Köpfe?
Da fühlst du ein Zittern
Da fühlst du ein Beben
Du fängst an zu wittern
Und willst was erleben
Willst etwas studieren
Und jemand verführen
– Das letztere sehr –
Da willst du noch mehr
Du hast einen Mann und ein glattes Gesicht
Und der Mann ist dir treu und du bist ihm's nicht –
Na, was willst du noch mehr?
Du hast deine Kleider und hast deinen Schmuck
Und kriegst immer neues und niemals genug –
Na, was willst du noch mehr?
Doch eines Tag's siehst du das Kind eines Gärtners
Vielleicht auch der Köchin, vielleicht auch des Pförtners
Da packt dich ein Grauen
Vor Dingen, die waren
Da willst du nach Japan
Und Persien fahren
Dich als Geisha verdingen
In Zirkussen singen
Mit einem Dompteur –
Da willst du noch mehr
Wo kommt das her, dass man immer noch mehr will
Dass man schon hat, was man will, doch den springenden Punkt übersah?
Wo kommt das her, dass man nur hin und her will?
Ist denn der Anfang vom Ende, dem Ende vom Anfang so nah?
Man möchte noch reiten durch die Heide auf schnaubenden Pferden
Man möcht' sich die Pulsadern öffnen und gerettet werden
Man möchte verlobt sein, zwei-, dreimal und bliebe dann ledig
Man möcht' einen Maskenball erleben im alten Venedig
Man möcht' Schokolade wie früher genießen
Bei der Jagd durch ein' Irrtum den Gatten erschießen
Man möchte die Sphinx und den Tadj-Mahal sehen
Die Klassiker lesen und auch noch versteh'n
Man wär gern Direktor, ein Filmstar, ein Fremdenlegionär –
Man möchte so sehr...
Doch du bist von Natur aus kein großer Rebell
Und du fährst jeden Sommer in's gleiche Hotel –
Na, was willst du noch mehr?
Du gehst zum Friseur, zum Kosmetiksalon
Und wo immer du hingehst, man kennt dich dort schon –
Na, was willst du noch mehr?
Ich ließe mich gerne für etwas verhaften
Doch wenn ich bedenk', wie die Leute dann gafften...!
Ich ließe mich gerne
Zu etwas verleiten
Doch das ist riskant
Bei den heutigen Zeiten
Man würde nur stören
Und überall hören
Dass so was nicht geht –
Es ist schon zu spät . . .
Writer(s): Georg Kreisler
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